Trainingsmaterial Nr. 17

Inhaltsverzeichnis

Eröffnungsfallen und Kurzpartien – Folge 16
Rekorde im Schach – Folge 3
Hausaufgabe
Eröffnung intensiv – Folge 4
Aufgeben, aber wann??
Final Fun




  Eröffnungsfallen und Kurzpartien
Heute: Damenfang

Kurzpartien mit Damenfang haben wir schon mehrfach gesehen. Denken wir an die erstickten Damen und an jene Partien, in denen die Dame sich auf b2 vergriffen hatte. Heute sehen wir einige weitere lehrreiche Motive zu diesem Thema.

Zunächst 2 Beispiele zu einem sehr häufig anzutreffenden Motiv.
Szily – Wloch, Budapest 1943
Booth – Fazekas, London 1940

Und nun 3 weitere sehr unterschiedliche – aber durchweg aufschlussreiche – Damenfang-Katastrophen.
Busvine – Birnberg, London 1924
Fraser – Taubenhaus, Paris 1888
Adams – Kramer, New York 1946




  Rekorde im Schach

Hier nun wieder ein paar skurrile Rekorde von der Homepage von Tim Krabbé.

Die längste bekannte Turnierpartie spielten die Jugoslawen Nikolic und Arsovic 1989 in Belgrad.
Die Partie endete nach 269 Zügen und einer Dauer von mehr als 20 Stunden remis. Bis etwa zum 80. Zug verlief sie sehr interessant – zum Teil spektakulär. Weiß erspielte sich klaren Vorteil (ein Läufer für einen Bauern). Doch Schwarz verteidigte sich geschickt und Weiß ließ einige gute Chancen aus. Im 167. Zug verschwand der letzte Bauer vom Brett und es blieb das Endspiel König+Turm+Läufer gegen König+Turm. Durch genaue Verteidigungszüge ermöglichte Arsovic seinem Gegner keinen Gewinn. Nach heutigen Regeln hätte diese Partie nur noch 50 Züge dauern dürfen und wäre nach 217 Zügen durch die 50-Züge-Regel remis gewesen. Bis 1992 galt jedoch für einige Endspieltypen eine 100-Züge-Regel. Die Spieler zockten im Eifer des Gefechts sogar noch 2 Züge länger, bevor sie sich auf Remis einigten.

Die längste entschiedene Partie spielten Stepak und Mashian 1990 in Israel. Weiß gewann nach 193 Zügen und einer Gesamtdauer von mehr als 24 Stunden – auch ein Rekord. Stepak sicherte sich um den 30. Zug herum das Läuferpaar, griff dann zielstrebig an und eroberte im 58. Zug eine Figur. Das Endspiel mit 2 Läufern gegen 1 Läufer bei je 6 Bauern zog sich dann aber sehr in die Länge. Die weiße Bauernstruktur wies einige Schwächen auf, Schwarz besaß meist 1, zeitweise 2, Bauern mehr. Im 164. Zug wurde dann je 1 Läufer getauscht. Später brachten beide Seiten je einen Bauern durch, so dass ein Damenendspiel entstand. Schließlich konnte Schwarz die Umwandlung des einzigen noch verbliebenen weißen Bauern nicht mehr verhindern.

Die längste Zugserie einer Figur resultiert aus der Partie Mackenzie – Mason, London 1882. Schwarz zog im Endspiel 73mal hintereinander mit der Dame. Danach war die Partie remis.

Die längste Schachserie gab ein gewisser Herr Behm 1986 seinem Gegner Hitzelberger in den USA. Nach 38 Zügen erreichte man ein Endspiel mit allen 4 Türmen und 3 Mehrbauern für Schwarz. Die weiße Stellung war nicht mehr zu halten. Behm gab seinem Gegner nun (zum Teil unter Aufopferung der Türme und mit einer Patt-Falle) 48mal Schach – danach gab er auf.

Alle heute erwähnten Rekordpartien zum Nachspielen – aber ohne jeden Kommentar:
Nikolic – Arsovic
Stepak – Mashian
Mackenzie – Mason
Behm – Hitzelberger




  Hausaufgabe

Wir lösen jetzt die Aufgabe aus Training Nr. 15 auf.

Die richtige Antwort lautet: C.
Schwarz besaß bereits einen Bauern mehr und konnte nun einen zweiten gewinnen. Der Bauer e4 ist nämlich nur scheinbar ausreichend geschützt. Wegen der schwachen Grundreihe (besonders des Turmes c1) hätte sich mein Gegner klaren Vorteil erarbeiten können.
Allerdings muss er die genaue Reihenfolge der Züge beachten. Nach dem Schlagen mit dem Läufer hätte ich mich mit einem Zwischenzug retten können.
In der Partie folgte eine schwächere Fortsetzung und wenig später ein Remis.
Lösung der Hausaufgabe aus Nr. 15


Und hier nun die neue Aufgabe für dieses Mal.
Wir sehen 3 Szenen aus einer recht lebhaft verlaufenen Partie:
Szene 1
Szene 2
Szene 3




  Eröffnung intensiv
Angriffsfortsetzungen gegen Französisch

Die Französische Verteidigung 1.e2-e4 e7-e6 gehört zu den eher ruhigen Eröffnungen. Für Ihre Verfechter ist sie der Garant, dass man nicht nach wenigen Zügen einem Angriff ausgesetzt wird.
Aber wer als Weißspieler ein gewisses Risiko nicht scheut, der kann dieses Konzept gehörig durcheinander bringen.
Ich möchte heute auf 2 Systeme aufmerksam machen, die diese Chance beinhalten:
Die Variante 1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Lb4 4.Ld2
Der Aljechin-Chatard-Angriff




  Aufgeben – aber wann??

Im Gegensatz zu fast allen anderen Sportarten ist das Aufgeben im Schach kein Zeichen von Feigheit oder mangelndem Kampfesmut, sondern fester Bestandteil unserer Partien. Man zeigt durch die Aufgabe, dass man den Vorteil des Gegners erkennt und weiß dass (und wie) man verlieren wird. Es ist also ein Zeichen guten Schach-Verstandes, wenn man eine aussichtslose Stellung rechtzeitig aufgibt. Aber wann??

Aus meiner Sicht gibt es mindestens 4 entscheidende Kriterien, die erfüllt sein müssen.

  1. Meine Stellung ist klar nachteilig, sowohl dem Material als auch der Position nach.
  2. Der Gegner besitzt einen klaren Gewinnweg, den ich erkannt habe und den ich auch dem Gegner zutraue. Er zeigt durch seine letzten Züge, dass er einen gewinnversprechenden Plan verfolgt (z. B. eine Bauernumwandlung).
  3. Es gibt keine reellen Chancen mehr, trotz des klaren Nachteils den Verlust zu vermeiden. Solche Chancen wären z. B.
  4. Es gibt keine anderen Gründe, die Partie unbedingt weiter zu spielen (z. B. die Entscheidung im Mannschaftskampf verzögern).

Fazit: Ich gebe auf, wenn ich weiß, dass meine Stellung hoffnungslos ist – und ich dem Gegner zutraue, dass er dies ausnutzen wird.




  Final Fun

Heute folgt nun die Auflösung und Bewertung zum Quiz aus Hartstons "How to cheat at chess".
In der folgenden Tabelle kann man pro Frage die Punktzahlen für die jeweils gegebene Antwort ablesen.

Frage (a) (b) (c) (d) Erläuterung
1 2 0 1 3 Aber zählen Sie (c) nur dann, wenn Ihr Gegner beträchtlich kleiner ist als Sie, und (d) bringt nur 2 Punkte, wenn der Tee noch heiß ist.
2 3 1 2 Experimente haben gezeigt, dass Abführmittel weitaus zuverlässiger sind als Hotel-Portiers oder die Post.
3 0 2 0 1 Die unternehmende Art von (c) ist in der Praxis zu gefährlich, Buchhändler werden heutzutage so leicht mißtrauisch.
4 1 2 0 3 Höchst effektiv und den vergeudeten Tee sicherlich wert.
5 -1 2 1 Ihr öffentliches Image ist von großer Bedeutung, um zukünftige Gegner zu demoralisieren. Diese Überlegung wiegt weitaus mehr als die überholten Vorstellungen von Ehrlichkeit und sachlicher Richtigkeit.
6 0 2 1 (a) ist bereits ausprobiert worden und völlig fehlgeschlagen. Lila ist zur Zeit out.
7 1 0 3 Hätte Gott nicht gewollt, dass wir auf der Toilette analysieren, hätte er sie wohl kaum mit dem Papier für unsere Notizen ausgestattet.
8 1 2 3 Die Umsicht zu besitzen, ein Ölkännchen mit sich herumzutragen, ist in der Tat verdienstvoll. Aber die Fähigkeit, den Schostakowitsch zu summen, verdient 3 Punkte.
9 0 2 1 (a) liegt völlig daneben, (c) kommt der Sache schon näher, während (b) auf Fischer zurückgeht.
10 2 0 1 Not macht erfinderisch.

Und wie sind nun die Punkte zu bewerten?
Nun erinnern wir uns des Titels "Wie man beim Schach besch…" – Also wer mehr als 25 Punkte gesammelt hat, der hat zumindest dies verstanden. Desto höher die Punktzahl – umso größer die Chance, auch ohne gute Züge zum Erfolg zu kommen. Wer aber unter ca. 15 Punkten liegt, dem bleibt nichts anderes übrig:
Er muss ordentlich Schach spielen lernen. Anders kommt man nicht zum Erfolg.




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Thomas Binder, 2003