Trainingsmaterial Nr. 28

Inhaltsverzeichnis

Opferklassen – Folge 5
Eröffnungsfallen und Kurzpartien – Folge 18
Hausaufgabe
Bemerkenswerte Mattbilder
Endspiel intensiv – Folge 6
Schach-Spielarten – Folge 1
Final Fun




  Klassifizierung von Opfermotiven

In der heutigen Folge sehen wir Unterbrechungsopfer. Es geht darum, mit einem oder mehreren Opfern dafür zu sorgen, dass eine wichtige Linie, Reihe oder Diagonale "unterbrochen" bzw. "verstellt" wird. Damit wird in der Regel die Wirkung einer wichtigen Verteidigungsfigur aufgehoben. Man spricht auch vom Verstellungsopfer.

Wir sehen zuerst ein Beispiel aus einem Turnier in der Tschechoslowakei.
Augustin – Lanc, Brno 1975

Im nächsten Fall sehen wir ein rumänisch – ungarisches Duell aus dem gleichen Jahr. Wie in der vorigen Partie entfernt sich die schwarze Dame durch Schlagen eines Bauern auf f3 von ihren Verteidigungsaufgaben.
Urzica – Honfi, Bukarest 1975

Schließlich folgt eine Partie aus der Jugend des österreichischen Großmeisters Erich Eliskases (1913 – 1997), der später nach Argentinien übersiedelte und dort seine größten Erfolge feierte.
Eliskases – Hölzl, Wien 1931

Sehr bekannt ist auch die folgende Partie des mehrmaligen WM-Kandidaten Dawid Janowski (1868 – 1927). Seine beiden WM-Kämpfe gegen Lasker waren sehr einseitige Angelegenheiten: Janowski verlor 2:8 und 0:8. Hier allerdings zeigt er sein Können gegen den deutschen Meister Emil Schallopp (1843 – 1919). Janowski platzierte sich in diesem Turnier, welches Lasker gewann, als Vierter immerhin vor dem aktuellen Weltmeister Steinitz und mehreren WM-Kandidaten. Schallopp wurde Vorletzter.
Janowski – Schallopp, Nürnberg 1896




  Eröffnungsfallen und Kurzpartien
Heute: Kuriose Mattbilder

Unsere heutigen Kurzpartien haben ihre Gemeinsamkeit nicht so sehr in den Mitteln, die zum Sieg führen, sondern darin, dass jeweils ein sehr überraschendes – fast kurioses – Mattbild entsteht.
Doch auch daraus kann man lernen: Es kommt darauf an, das Gespür für das Zusammenwirken der Figuren zu entwickeln und im richtigen Moment die Möglichkeit eines Matts zu erkennen.
Aber auch die Freude über die hier dargestellten Mattbilder wollen wir uns nicht nehmen lassen.

Viel haben wir über die Kraft des Läuferpaars gehört – in den ersten Beispielen sehen wir nun, dass auch das Zusammenspiel der beiden Springer sehr effektvoll sein kann.
N.N. – Bier, Hamburg 1903
Saalbach – Pollmächer, Leipzig 1861
N.N. – Derrickson, USA 1860

In der folgenden Partie setzt ein Läufer matt, ohne überhaupt einen Zug zu machen.
Thomas – Sapira, Antwerpen 1932

Auch bei der nächsten Partie ist die Gegenwehr des Verlierers ausgesprochen bescheiden. Dass es aber so schnell geht, überrascht dann doch.
Regan – Michel, London 1905

Die nächsten Beispiele zeigen perfektes Zusammenspiel aller vier schwarzen Leichtfiguren.
Kiss – Barcza, Ungarn 1934

Bild Bild Weiterhin sind die Leichtfiguren in Aktion. Die beiden Bilder zeigen sehr seltene Mattbilder aller 4 Leichtfiguren im perfekten Zusammenspiel. Links sehen wir den Schluss der hier gezeigten Partie Dodge – Houghteling und rechts das Matt aus Malinin – Sawinow in der 23. Trainingseinheit.
Dodge – Houghteling, USA 1904

Zum krönenden Abschluss noch ein Damenopfer mit folgendem Matt der Leichtfiguren.
Manko – Jankovitz, 1900




  Hausaufgabe

Wir lösen jetzt die Aufgaben aus Training Nr. 26 auf.
Wir sahen einen drastischen Partieschluss aus der Weltmeisterschaft 1985 zwischen Garri Kasparow und Anatoli Karpow.
Auflösung der Hausaufgabe


Und hier nun die neue Aufgabe für dieses Mal.

Es handelt sich wieder um eine Taktikaufgabe. Diesmal ist es fast zur Erholung recht einfach, zumal wenn man sich des Themas der heute besprochenen Opferklasse erinnert.
Hausaufgabe




  Bemerkenswerte Mattbilder

Bemerkenswerte Mattbilder gibt es nicht nur in Kurzpartien. Einige sehr interessante Fälle wollen wir uns noch anschauen.

Besondere Bedeutung kommt dem hier zunächst vorgestellten Mattbild zu, welches den treffenden Namen Libellenmatt trägt. Man sieht förmlich die Flügel und den langen Körper des Insekts.

Bild Sehen wir nun an einigen Beispielen, wie es zu diesem wirkungsvollen Mattbild kommen kann.
Lehrbeispiel zum Libellenmatt
Nun folgt ein Beispiel auf höchster Ebene vom Großmeisterturnier im englischen Hastings zum Jahreswechsel 1974/75. Der mehrfache WM-Kandidat Rafael Waganjan (Sowjetunion / Armenien) unterliegt dem jugoslawischen Großmeister Albin Planinc.
Waganjan – Planinc, Hastings 1974
Sehr schön ist auch der Schluss der folgenden Kurzpartie. Außerdem sehen wir den "Erfinder" einer Eröffnungsvariante selbst in Aktion.
Lwow – Radtschenko, Sowjetunion 1957

Das folgende Beispiel ist vor allem dadurch interessant, dass es uns eine Gewinnpartie von Karel Traxler in der von ihm entwickelten besonders scharfen Eröffnungsvariante vorstellt. Wenn Weiß in diesem System vom rechten Wege abkommt, sind solche Königsjagden und spaßigen Mattbilder fast zwangsläufig.
Reinisch – Traxler, 1890

Überraschende Mattwendungen im Endspiel haben wir bereits in der 20. Trainingseinheit ausführlich besprochen. Aber ein nettes Beispiel sei noch nachgetragen, da es sehr gut zu unserem heutigen Aspekt passt.
Hunstock – Pahrmann, Fernpartie 1980
Ebenfalls ins Endspiel – jedoch in Form einer konstruierten Stellung – führt uns das folgende Beispiel, eine Studie des Russen A. Kalinin.
Studie von Kalinin, Weiß am Zug gewinnt.

Zum Schluss noch zwei außerordentlich seltsame Mattbilder aus Partien des württembergischen Meisters Rainer Schlenker. Wenn man die Schlussbilder sieht, fragt man sich unweigerlich, wie es überhaupt zu solchen Stellungen kommen konnte. Aber es geht alles mit rechten Dingen zu.
Moser – Schlenker, Tübingen 1977
Schlenker – NN, 1973




  Endspiel intensiv

Beginnend mit dieser Folge wollen wir kompliziertere Bauernendspiele besprechen. Dabei kommt es darauf an, bestimmte Strukturen zu erkennen und daraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen.
Unser erstes Thema ist der Entfernte Freibauer.

Das Material dazu befindet sich in einem eigenen Dokument.
Endspiel-Trainingsmaterial




  Schach – Spielarten

Ab heute wollen wir uns auch einige "Abarten" des Schachspiels ansehen. Dabei konzentrieren wir uns auf solche, die zwar unterhaltsam sind und Spaß machen, aber auch einen gewissen Trainingseffekt für das "normale" Schachspiel haben können.

Heute: Tandem-Schach (Bughouse)

Tandem-Schach – bzw. wie es international bezeichnet wird – Bughouse ist die am weitesten verbreitete Schachvariante. Daher sind auch verschiedenste Bezeichnungen (ich erwähne nur "Idiotenschach" und "Antischach") sowie Regelabweichungen bekannt.
Im Bughouse werden (im Gegensatz zu fast allen anderen Schach-Abarten) ernsthafte internationale Turniere gespielt, es gibt eigenständige Großmeistertitel. Auf Internet-Schachservern kann man mit entsprechender Software Online-Bughouse spielen.
Sehen wir uns an, was man über Tandemschach wissen sollte:

Wesen des Spiels Es spielen 2 Mannschaften mit je 2 Spielern gegeneinander. Es wird mit Blitz-Bedenkzeit und weitgehend nach Blitzregeln gespielt. Die Spieler einer Mannschaft sitzen unmittelbar nebeneinander. Einer spielt mit Weiß, der andere mit Schwarz.
Jeder Spieler gibt die von ihm geschlagenen Figuren an seinen Mannschaftskameraden weiter, dieser kann sie statt eines eigenen Zuges auf einem freien Feld einsetzen.
Eine Mannschaft hat verloren, wenn einer ihrer Spieler matt gesetzt wurde oder die Zeit überschreitet.
Die Spieler einer Mannschaft dürfen sich untereinander beraten.
Regel-Besonderheiten Bauern dürfen nicht auf der 1. oder 8. Reihe eingesetzt werden.
Wird ein Bauer umgewandelt und die umgewandelte Figur später geschlagen, so wird sie wieder als Bauer auf dem anderen Brett eingesetzt. Daher lässt man den Bauer auch nach der Umwandlung als solchen auf dem Brett und markiert ihn lediglich als "Dame" (z. B. durch Umlegen).
Taktische Kniffe Eine besondere Bedeutung kommt dem Einsatz der Bauern zu. Einerseits kann man den eigenen König damit verschanzen, andererseits kann man sie auf der 7. Reihe aufstellen und mit ihrer sofortigen Verwandlung drohen. Besonders wirksam ist eine Kette mehrerer Bauern auf der 7. Reihe.
Wenn man erkennt, dass man im nächsten Zug matt gesetzt wird, ist es manchmal sinnvoll, einfach nicht mehr zu ziehen. Man verliert dann zwar nach Zeit, kann aber hoffen, dass der eigene Mannschaftskamerad vorher seine Partie gewinnt.
Varianten Die am weitesten verbreitete Variante verbietet es, dass eine Figur mit Schach (oder gar Matt) eingesetzt wird. Genau genommen bezeichnet man dies als "Tandem", während beim "Bughouse" das Einsetzen mit Schach und Matt erlaubt ist.
Es ist auch möglich, Bughouse mit 3 oder mehr Spielern pro Team zu spielen. Die geschlagenen Figuren können von jedem eigenen Mitspieler der passenden Farbe eingesetzt werden. Hier genügt es, eine der laufenden Partien zu gewinnen.
Internet-Links Angebote zu diesem Thema sind leider meist in Englisch verfasst.
Die wichtigste Ressource ist das Bughouse-Net: Bughouse-Net
Ebenfalls nützliche Informationen findet man bei Bughouse-Info: Bughouse-Info
Schließlich hier die Tandem-Sektion auf der Chessvariants-Homepage: Chessvariants



  Final Fun

Das kürzeste je geschriebene Schachbuch gehört in seiner Aussage vielleicht zu den wichtigsten. Der Autor Adolf Rögner (1855 – 1910) war ein bekannter Schachhändler in der Buchstadt Leipzig. Sein Werk richtet sich nicht an den Turnierspieler sondern an den Zuschauer einer Schachpartie und trägt den Titel "Spielregeln für Nicht-Mitspieler". Der seriöse Umschlag verspricht im Stile der Zeit eine "vierzehnte verbesserte Auflage" – über die ersten 13 Auflagen ist nichts bekannt.
Der Inhalt beschränkt sich auf eine einzige Seite mit der einzigen Regel: §§ 1 – 101

"Halt's Maul!!"

Mehr muss dem Zuschauer wirklich nicht gesagt werden.

Hier das Cover und die wichtigste Seite:
(Abbildung gefunden bei chesshistory.com)
Bild



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Thomas Binder, 2004