Eröffnung Intensiv
Das Königsgambit

Diese ehrwürdige Eröffnung wird mit den Zügen 1.e2-e4 e7-e5 2.f2-f4 eingeleitet. Wir betrachten zunächst Fälle, in denen Schwarz das Gambit mit 2… e5xf4 annimmt. Danach kann Weiß mit 3.Lf1-c4 oder 3.Sg1-f3 eine Leichtfigur entwickeln.
Der Gedanke des Königsgambits ist der gleiche wie bei allen Gambitspielen: Es wird ein Bauer geopfert, um die eigenen Figuren schnell zu entwickeln und sofort wirksamen Angriff gegen den gegnerischen König zu erlangen. Hierfür bieten sich im Königsgambit besonders die f-Linie, die Diagonale c4-f7 und Springermanöver an.

Das Königsgambit hat vor allem historische Bedeutung. In den romantischen Zeiten vor 1900 war es die Waffe fast aller starken Spieler der Welt. Später ist es auf Großmeisterniveau nahezu völlig verschwunden.
Heute sieht man das Königsgambit – wie viele selten gespielte Eröffnungen – nur noch bei ausgesprochenen Spezialisten. Doch während der "normale" Schachspieler daher kaum mit dieser Eröffnung konfrontiert wird, ist es für diese Spieler eine alltägliche Situation. Sie sind mit den typischen Stellungen und Plänen bestens vertraut und werden daher oft in Vorteil kommen.
Diese Überlegung war für den Autor vor vielen Jahren sogar der Grund, von 1… e7-e5 als Standarderöffnung abzugehen.

Wir wollen hier die wichtigsten Erwiderungen auf das Königsgambit kennen lernen und uns danach an einigen kurzen Partien erfreuen, in denen die typischen Angriffsideen plastisch demonstriert werden. Im Blickpunkt steht dabei das "Königsspringergambit" mit 3.Sf3, da die Varianten nach 3.Lc4 an Bedeutung verloren haben.


Die häufigsten Varianten beginnen nach dem Zug 3… g7-g5. Beide Spieler öffnen kompromisslos die Stellung. Von den ersten Zügen an entbrennt ein heißer Kampf. Typisch dafür ist das sogenannte Kieseritzky-Gambit.
Nach der Zugfolge 4.h2-h4 g5-f4 5.Sf3-e5 gibt es 3 wesentliche Varianten.
Die Hauptfortsetzung 5… Sg8-f6
Das heute oft versuchte 5… d7-d6
Das sehr riskante 5… h7-h5

Neben 3… g7-g5 ist vor allem die Zugfolge 3… d7-d5 4.e4xd5 Sg8-f6 sehr häufig zu sehen. Weiß setzt danach unbeirrt seine Entwicklung fort. Dafür kommen vor allem die Läuferzüge nach b5 und c4 in Frage.
Weiß entwickelt den Läufer nach b5
Weiß entwickelt den Läufer nach c4

In den letzten Jahrzehnten ist – durch die Partien des früheren Weltmeisters Fischer – die Variante 3… d7-d6 in den Blickpunkt des Interesses geraten.
Fischers Variante 3… d7-d6

Die bisher gezeigten Varianten nehmen mit Abstand den weitesten Raum im angenommenen Königsgambit ein. Zwei weitere sind jedoch immerhin so beliebt, dass man sie nicht völlig ausblenden kann:
Das Cunningham-Gambit 3… Lf8-e7
Die Schallopp-Verteidigung 3… Sg8-f6


Soweit einige wichtige Systeme zum angenommenen Königsgambit.
Unter den Ablehnungen interessiert uns vor allem das Falkbeer-Gegengambit 1.e2-e4 e7-e5 2.f2-f4 d7-d5.
Auch dazu wollen wir uns die wichtigsten Stellungen anschauen:
Das Falkbeer-Gegengambit

Abschließend werfen wir noch einen Blick auf die sehr seltene Nordwalder Variante. Nach dem kuriosen Zug 2… Dd8-f6 plant Schwarz eben auf f4 mit der Dame zu schlagen. Er ist durchaus bereit, seine Dame dann nach einem Zwischenschach auf h4 wieder in das eigene Lager zurück zu holen.
Als Überraschungswaffe gegen die Königsgambit-Spezialisten ist diese Eröffnung durchaus geeignet. Zumindest den Erfahrungsvorteil gleicht man damit aus.
Als typisches Beispiel: die Schubert-Variante
Das Bücker-Gambit
Die beiden hier angeführten Beispiele sollen nur zur Beschäftigung mit der Nordwalder Variante anregen. Erschöpfend wird sie in einem Buch des deutschen FIDE-Meisters Stefan Bücker untersucht.


Viele der vorstehenden Analysen endeten in ausgeglichenen oder zweischneidigen Stellungen, weil beide Seiten weitgehend die richtigen Züge fanden. Kommt aber einer der beiden Spieler vom rechten Wege ab, so kann der Gambitangriff schnell entscheidend durchschlagen.
Sehen wir also nun noch einige unterhaltsame Kurzpartien zum Königsgambit.
Zunächst gibt es 2 Partien zu sehen, in denen der weiße Angriff mit einem Damenopfer gekrönt wird.
Mott-Smith – Thompson, Ort und Zeit unbekannt
Podgorny – Stulik, Tschechoslowakei 1956

Wenn der König ins Freie gezerrt wird, ist er fast immer verloren:
Teschner – Walter, Deutschland 1951
Radjoit – Miles, England 1964

Keinesfalls darf der Eindruck entstehen, kurze Siege für Weiß seien im Königsgambit eine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil, wenn der Anziehende die notwendige Konsequenz vermissen lässt, kann auch er es sein, der schnell die Segel streichen muss.
Alexandersson – Arnason, Island 1980




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Thomas Binder, 2005