Eröffnung Intensiv
Zwei Varianten der Slawischen Verteidigung:
Tolusch-Geller-Gambit und Aljechin-Variante

Nach den einleitenden Zügen der Slawischen Verteidigung 1.d2-d4 d7-d5 2.c2-c4 c7-c6 3.Sg1-f3 Sg8-f6 4.Sb1-c3 steht Schwarz zunächst vor der Wahl, den Bauern c4 sofort zu schlagen oder mit 4… e7-e6 die Entwicklung fortzusetzen. In der Turnierpraxis kommen beide Varianten etwa gleich häufig vor. Uns interessiert heute aber nur die Fortsetzung 4… d5:c4. Danach ist es an Weiß, sich zwischen verschiedenen Wegen zu entscheiden:

Sehen wir uns zunächst ganz kurz die Hauptfortsetzungen an, die hier aber nicht erschöpfend betrachtet werden:
Die Fortsetzungen nach 5.a2-a4

In der Folge kommen wir nun zu den beiden übrigen Varianten. Weiß greift den Bauern c4 sofort durch einen Aufzug des e-Bauern an. Schwarz versucht in beiden Fällen mit 5… b7-b5, den Mehrbesitz zu verteidigen.


Das Tolusch-Geller-Gambit 5.e2-e4

Diese Eröffnung ist nach zwei russischen Großmeistern benannt. Alexander Tolusch (1910 – 1969) war in seiner besten Zeit um 1950 einmal Vizemeister der Sowjetunion. Jefim Geller (1925 – 1998) war noch erfolgreicher. Er wurde sowjetischer Meister und stand mehrmals in den Kandidatenkämpfen zur Weltmeisterschaft.

Im Tolusch-Geller-Gambit verzichtet Weiß dauerhaft auf den Rückgewinn des Bauern c4. Da sein eigener Bauer auf e4 verletzlich ist, bleibt keine Gelegenheit den gegnerischen Mehrbauern zu erobern. Für das Opfer erhält er stürmischen Angriff, gegen den sich Schwarz sehr umsichtig verteidigen muss. Doch auch danach beherrscht Weiß das Zentrum und hat somit mindestens Kompensation für den geopferten Bauern.
Tolusch-Geller-Gambit – Grundaufbau
Die Einleitung des Gambits endet mit einer Stellung, in der Weiß frühzeitig und heftig angreift. Wir wollen sehen, wie sich Schwarz dagegen verteidigen kann.

Schwarz verteidigt sich mit Dd8-d7

Mit diesem Zug versucht Schwarz, die Schwächung seiner Königsstellung so gering wie möglich zu halten. Doch es wird seine Gründe haben, dass dieser Zug im Vergleich zu g7-g6 wesentlich seltener zu sehen ist.
Variante mit 11… Dd8-d7
Weiß wird also alle Probleme lösen, den Bauern schließlich doch zurück bekommen und steht dann ordentlich. Allerdings muss er an allen Stellen vor heftigen schwarzen Gegenschlägen auf der Hut sein. Einen ersten Eindruck haben wir in der vorigen Variante bereits bekommen. Hier ein weiterer Diskussionsbeitrag dazu:
Der schwarze Gegenschlag nach S:h7
Die vorstehenden Analysen zeigen eindrucksvoll die Möglichkeiten beider Spieler. Bei aufmerksamem Spiel wird Weiß in Vorteil kommen, doch es ist ein steiniger Weg, alle Gegenchancen zu erkennen und abzuwehren.

Schwarz verteidigt sich mit g7-g6

In fast 80% der bisher gespielten Partien hat Schwarz an dieser Stelle mit g7-g6 fortgesetzt. Schwarz lässt eine gewisse Schwächung seiner Königsstellung zu. Wenn er dabei umsichtig agiert, entwickeln sich die Dinge wesentlich ruhiger. Meist kann Schwarz den Mehrbauern ohne große Sorgen verteidigen. Dann hat er schließlich die besseren Aussichten.
Die Verteidigung mit g7-g6


Die Aljechin-Variante 5.e2-e3

In der Variante, die mit dem Namen des Exweltmeisters Alexander Aljechin verbunden ist, zieht Weiß den Bauern im 5. Zug nur nach e3. Dort ist er im Gegensatz zum Tolusch-Geller-Gambit nicht angreifbar. Dadurch gewinnt Weiß Zeit, sich sofort des Bauern c4 anzunehmen.
Weiß gewinnt den Bauern c4 recht schnell zurück und die Dinge entwickeln sich vergleichsweise ruhig.
Dafür fehlen ihm die frühen Angriffsmöglichkeiten am Königsflügel.

Nach der normalen Zugfolge 5.e2-e3 b7-b5 6.a2-a4 b5-b4 hat Weiß zwei Möglichkeiten, den angegriffenen Springer zurück zu ziehen.

Weiß spielt 7.Sc3-a2

Beide Hauptzüge werden etwa gleich häufig gespielt und bieten ähnliche Erfolgsaussichten. Von a2 aus greift der Springer noch den Bauern b4 an und gewinnt damit ein weiteres Tempo.
Weiß spielt 7. Sc3-a2

Weiß spielt 7.Sc3-b1

Auch in dieser Variante bekommt Weiß den Gambitbauern schnell zurück und die Partie nimmt bald ausgeglichenen Charakter an.
Weiß spielt 7. Sc3-b1
In beiden Fällen haben die Spieler natürliche Entwicklungszüge gemacht und stehen zu einer offenen Auseinandersetzung bereit.


Abschließend schauen wir uns einige unterhaltsame Kurzpartien mit knappen Kommentaren an:
Fillon – Cheron, Paris 1993
Grabenhorst – Bruchmann, Kassel 2000
Koopmann – Görtz, Deutschland 1992
Guliew – Markow, Russland 1995




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Thomas Binder, 2006