Trainingsmaterial Nr. 32

Inhaltsverzeichnis

Glanzstücke der Schachgeschichte – Folge 11
Eingefangene Springer
Hausaufgabe
Schach-Spielarten – Folge 5
Opferklassen – Folge 7
Schach-Links – Folge 15




  Glanzstücke der Schachgeschichte

Heute gilt unsere Aufmerksamkeit wieder einigen berühmten Kombinationen der Schachgeschichte. Wir begeben uns auf einen lehrreichen und unterhaltsamen Streifzug durch große Turniere früherer Jahrzehnte.

In Marienbad 1925 belegten der mehrfache WM-Kandidat Dawid Janowski (1868 – 1927) und der aufstrebende deutsche Großmeister Fritz Sämisch (1896 – 1975) zwar nur hintere Plätze. Ihre Partie untereinander bleibt aber unvergessen.
Janowski – Sämisch, Marienbad 1925
Beim "AVRO-Turnier" trafen 1938 Ex-Weltmeister Capablanca und der künftige Weltmeister Botwinnik aufeinander. Mit einem doppelten Figurenopfer bei bereits sehr stark reduziertem Material leitete der Russe den Schlussangriff ein.
Botwinnik – Capablanca, Niederlande 1938
Die folgende Partie des jugoslawischen Großmeisters Velimirovic gegen seinen ungarischen Kollegen Csom zeigt die effektvolle Nutzung einer Grundreihenschwäche und eines vorgerückten Freibauern.
Velimirovic – Csom, Amsterdam 1974
Eine schöne Königsjagd – eingeleitet mit einem doppelten Turmopfer – sehen wir in der folgenden Partie zweier wenig bekannter sowjetischer Spieler.
Ostapenko – Jarzew, Sowjetunion 1969
Schließlich noch ein weiteres schönes Damenopfer. Der Argentinier Jorge Szmetan bezwang damit den Kubaner Garcia Gonzalez.
Szmetan – Garcia Gonzalez, Malaga 1976




  Eingefangene Springer

Der Springer gilt als eine sehr wendige und bewegliche, oft unberechenbare, Figur.
Aber Achtung: Sein Aktionsradius ist begrenzt. So gelingt es immer wieder, ihn am Brettrand einzusperren. Dort ist er zumindest unbeweglich, oft wird er sogar erobert.

Sehen wir zunächst einige typische Beispiele aus dem Endspiel.
Lehrbeispiel von Awerbach
Die folgende Partie gewinnt (nachdem der Gegner seine letzte Chance verstreichen lässt) Thomas Siebe, dessen Arbeiten ich einige Beispiele dieses Abschnitts verdanke.
Schlömer – Siebe, Hamburg 1982
Sehr lehrreich ist die folgende Variante nach einer Großmeisterpartie. Das schwarze Läuferpaar beherrscht das ganze Brett und sperrt einen Springer auf a8 ein. Mit der ständigen Drohung diesen zu erobern, gewinnt Schwarz Zeit und Möglichkeiten um am anderen Flügel die Partie zu entscheiden.
Groszpeter – Popov, Bulgarien 1982 (Partievariante)

Im Mittelspiel sieht man immer wieder Springer, die einen Turm auf einem Eckfeld geschlagen haben und dann keinen Rückweg finden. Wenn man für den "Turmgewinn" anderweitig Material geopfert hat, steht man schließlich mit Minus da.
Unser erstes Beispiel hierzu stammt von der Schacholympiade 1998 aus dem Duell Kolumbien – Neuseeland.
Zambrana – Kulashko, 1998
Zwei weitere Beispiele zum gleichen Thema:
Fischer – Jurkiewicz, Polen 1991
van der Wiel – Mellado, Spanien 1998

Zum Schluss noch eine Partie in welcher der Springer zwar sein Gefängnis auf a8 verlassen kann – aber sehr weit kommt er auf der Flucht diesmal auch nicht.
Lau – Deev, Deutschland 1997




  Hausaufgabe

Wir lösen jetzt die Aufgaben aus Training Nr. 30 auf.

Es handelte sich um 2 taktische Aufgaben zum Thema Fesselung. Einzelheiten sind in den folgenden Lösungen zu finden.
Lösung 1 – Das war aber einfach…
Lösung 2 – Das war schon etwas schwerer…


Nun folgt noch eine Lösungshilfe zur Aufgabe aus Nr. 31. Im folgenden Partieausschnitt sind die Stellen mit Fragezeichen markiert, an denen einer der beiden Spieler einen entscheidenden Fehler beging. Neben diesen Zügen sollte man sich vor allem die Endstellung ansehen, in welcher sich beide Spieler auf Remis einigten.
Hilfe zur Aufgabe aus Nr. 31


Und hier nun die neue Aufgabe für dieses Mal.

Es handelt sich um die entscheidende Phase aus einem Mannschaftskampf der Schachfreunde Siemensstadt.
Unser routinierter Spieler fand einen effektvollen Gewinnzug und sicherte dem Team damit einen wichtigen Mannschaftspunkt.
Zaeske – Dr. Jung, Berlin 2005




  Schach-Spielarten

Heute: Schachloses Schach, Schachzwang

Heute beschäftigen wir uns mit 2 verwandten aber zugleich sehr unterschiedlichen Spielarten:
Dem "Schach ohne Schach" (Checkless Chess, Ohneschach, Prohibitionsschach) und dem Schachzwang (Patzerschach).
Beide haben durchaus einen gewissen Trainingseffekt und sind weitgehend anerkannte Spielarten.

Wesen des Spiels Beim "Ohneschach" darf man keine Schachgebote geben – es sei denn, man setzt zugleich Matt. Umgekehrt muss beim Schachzwang ein mögliches Schach immer gegeben werden – ähnlich der Schlagpflicht beim Räuberschach.
Regel-Besonderheiten Es gelten weitgehend die Regeln des normalen Schachs. Bei Pattstellungen ist zu beachten, dass im Ohneschach auch scheinbar mögliche Schachgebote eben keinen legalen Zug darstellen, wenn sie nicht zum Matt führen. Im Schachzwang darf man selbstverständlich aus mehreren Schachs auswählen, wenn mehrere zur Verfügung stehen.
Taktische Kniffe Beide Spiele haben ganz eigene Taktikregeln.
Im Ohneschach kann sich der König viel stärker ins Getümmel wagen, als dies im normalen Schach gesund wäre. Beim Schachzwang sollte man (ähnlich dem Räuberschach) die eigenen Figuren defensiv aufstellen, um nicht zu plötzlichen sinnlosen Opfern gezwungen zu sein. Andererseits genügt hier oft ein großer Materialvorteil nicht zum Gewinnen.
Varianten Im "Ohneschach" kann es zugelassen werden, dass man eine Serie von Schachgeboten gibt, wenn diese zwangsläufig (!) zum Matt führen. Im "Schachzwang" kann man ein ewiges Schach als Sieg für den Schach bietenden Spieler bewerten. Den Sinn dieser Regel erkennen wir in einer der Beispielstellungen.
Internet-Link Auf der Chessvariants-Seite gibt es zu beiden Spielarten eine eigene Sektion:
Ohneschach
Schachzwang
Dort kann man auch jeweils in einem Java-Applet direkt eine Partie gegen den Computer spielen. Das Programm für "Schachzwang" hat einen kleinen Fehler – wer findet ihn??

Einige Beispiele sollen den Gehalt dieser Spielarten verdeutlichen.
Zunächst eine Partie "Ohneschach" des deutschen Schachmeisters Max Lange (1832 – 1899), der gegen Ende seines Lebens auch Präsident des Deutschen Schachbundes war.
Sickel – Lange, 1857
Sehr klar kommen die Besonderheiten des "Ohneschach" auch in der folgenden kleinen Aufgabe zum Vorschein. Sie stammt von dem berühmten Schachkomponisten T.R. Dawson – wir erinnern uns an seinen "Weihnachtsbaum"…
Aufgabe von T.R. Dawson, 1951
Schließlich noch ein typischer Partieschluss aus dem "Schachzwang". Selbst eine klare materielle Übermacht genügt hier nicht zum Gewinn. Daher wird oft bereits ein Dauerschach als Sieg gewertet.
Schachzwang-Beispiel




  Bekannte Opfermotive:
Doppeltes Läuferopfer auf g7 und h7

Wir haben bereits die typischen Läufereinschläge auf f7 und h7 kennen gelernt.
Seltener, aber besonders eindrucksvoll, ist das doppelte Läuferopfer auf g7 und h7.
Sehen wir zunächst das klassische Vorbild aller dieser Opferpartien aus dem Schaffen eines Weltmeisters:
Lasker – Bauer, Amsterdam 1889
Sehr übersichtlich und lehrreich ist auch die folgende Kurzpartie, die 111 Jahre später gespielt wurde.
Filatov – Mayer, Philadelphia 2000


Kaum ein einzelnes Opfermotiv ist so gut erforscht, wie das doppelte Läuferopfer. David LeMoir hat die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Opferangriff sehr treffend zusammengefasst:

Im dritten Beispiel ist es Schwarz, der erfolgreich opfert. Die Lage ist hier zwar etwas komplizierter, doch schließlich setzt sich der Angreifer ebenfalls durch.
Gamboa – Blatny, New York 1996

Nicht immer gewinnt der mutige Opferspieler. Oft hat der Verteidiger Ressourcen, die ihm bei kaltblütigem Spiel erlauben, standzuhalten und am Ende zu triumphieren.
Zwei sehr verschiedene Beispiele sollen dies verdeutlichen.
Ivanovic – Sokolov, Novi Sad 1984
Dus-Chotimirsky – Löwenfisch, Karlsbad 1911




  Schach-Links

Hier nun wieder der Blick auf einige interessante Angebote im Internet:

URL Erklärung
Deep Chess
Deep Chess nennt sich selbst "Die dunkle Seite des Schachs". Wer sich für hintergründigen Humor, Intrigen und die kleinen menschlichen Schwächen der Schachspieler interessiert, sollte hier aber ruhig mal vorbeischauen.
Schachimedes
Die unterhaltsame Seite des Österreichers Martin Stichlberger enthält u.a. Schachgedichte und Schüttelreime. Besonders zu empfehlen ist aber das "Kuriositäten-Tagebuch".
Schach-Cookie
Sehr schöne Sammlung von thematisch geordneten Partien und Aufgaben. Unterhaltsam und lehrreich zugleich.
Adam Bozon
Interessante Seite vor allem zu Schacheröffnungen mit Statistiken und einer Sammlung seltener bis kurioser Eröffnungen. Englisch!



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Thomas Binder, 2005