Awerbach,J – Kotow,A
Kandidatenturnier Zuerich, 23.09.1953

Schwarz ist am Zug. Weiß hat zuletzt seinen Springer nach e2 gezogen und will weiter nach g1. Im Moment scheint ihm nichts Böses zu drohen.

30…Dxh3+!!
Wie aus heiterem Himmel opfert Kotow die Dame.

31.Kxh3
Eine Ablehnung des Opfers wäre angesichts der offenen Königsstellung perspektivlos gewesen.

31…Th6+ 32.Kg4
[ 32.Lh4?? Txh4# ]

32…Sf6+ 33.Kf5
Wie man sieht hatte Weiß keine andere Wahl. Der König wird ins Freie gezogen und gerät unter heftigen Beschuss der schwarzen Figuren. Die weißen Steine (einschließlich der Dame) müssen tatenlos zusehen. [ 33.Kg5?? Th5# ]

33…Sd7
Es droht nun 34. … Tf8+ 35. Kg4 Tg8+ 36. Kf5 Tf6 matt. [ Noch genauer war allerdings 33…Sg4! Damit versperrt Schwarz dem Turm den Weg nach g5. (Diesen Zug fand übrigens in den Analysen als Erster der Letztplatzierte des Turniers, der Schwede Stahlberg). z. B. 34.fxg4? ( 34.Txg4? Tf8# ; 34.Lh4 Tf8+ 35.Lf6+ Tfxf6+ 36.Kxg4 Tfg6+ 37.Kf5 Th5+ ; 34.Kxg4? Tg8+ 35.Kf5 Tf6# ) 34…Tf8# ]

34.Tg5!
Das ist die einzige Verteidigung gegen das drohende Matt. Kotow hatte soweit vorausberechnet, als er die Dame opferte. Er sah zwar hier zuächst keinen zwingenden Gewinn, wusste aber, dass er mindestens Remis durch Dauerschach erreichen wird. Aber sein Schachgefühl gab ihm das Vertrauen, dass hier mehr möglich sein muss.

34…Tf8+
[ 34…Lxg5 35.Kxg5 Tg6+ 36.Kh4 Th6+ 37.Kg5 Tg6+ führt zum Dauerschach.]

35.Kg4 Sf6+ 36.Kf5 Sg8+ 37.Kg4 Sf6+ 38.Kf5
Denken wir daran, dass sich die Spieler nicht bei der Analyse befinden, sondern im harten Wettkampf. Was hier passiert, ist eine typische Turniersituation. Im 40. Zug folgt die Zeitkontrolle und so wiederholt Kotow einige Male die Züge, um nach der Kontrolle (mit wieder mehr Zeit auf der Uhr) in Ruhe nachdenken zu können.

38…Sxd5+
Durch dieses Schlagen vermeidet er eine 3malige Stellungswiederholung und hat dann wieder Zeit für einige Springerzüge. Objektiv ist der Zug sogar schlecht, weil er doch noch ein Eingreifen der Dame ermöglicht.

39.Kg4 Sf6+ 40.Kf5 Sg8+ 41.Kg4 Sf6+ 42.Kf5 Sg8+ 43.Kg4
Schluss mit den Springer-Schaukeln, jetzt ist wieder Zeit zum Nachdenken.

43…Lxg5 44.Kxg5
[ An dieser Stelle bieten sich einige andere Möglichkeiten, die jedoch alle dem Schwarzen Recht geben werden. 44.Th1 Txh1 45.Kxg5 ( 45.Dxd6? Sh6+ 46.Kxg5 Sf7+ 47.Kf5 Sxd6+ ) 45…h6+ 46.Kg4 ( 46.Kg6? Tf6# ) 46…Se7 mit der nicht vernünftig parierbaren Drohung Tg8 matt. 44.Dxd6 Txd6 45.Lxc5 Le7 46.Lxd6 Lxd6 und Schwarz hat mittlerweile einen Läufer mehr. 44.Lg3 Sf6+ 45.Kf5 Se8+ 46.Kxg5 Tg8+! 47.Kxh6 Sf6 mit derDrohung Tg6 matt. 44.Sg3 Sf6+ 45.Kxg5 Tg8+ 46.Kf5 Se8 drohend Tf6 matt.]

44…Tf7!!
Nun droht Tg7+ nebst Tf6 matt.

45.Lh4
Einziger Zug, um das Schach auf f6 zu verhindern.

45…Tg6+ 46.Kh5 Tfg7!!
Jetzt droht einfach Th6 matt.

47.Lg5
Einziger Zug.

47…Txg5+ 48.Kh4 Sf6
Es droht Th5 matt. Wieder hat Weiß nur einen Zug, um das Matt zu verhindern.

49.Sg3 Txg3
Gegen Tg3-g5-h5 matt gibt es nun keine Abwehr mehr. Stünde jetzt auf d5 noch der weiße Bauer (siehe 38. Zug), wäre die Partie damit zu Ende. So kann Awerbach sie noch ein wenig verzögern.

50.Dxd6 T3g6 51.Db8+ Tg8
Weiß gab auf. Um das Matt auf h6 zu verhindern, müsste er auch noch die Dame geben. Danach ist das materielle Übergewicht von Schwarz entscheidend. 0-1