Eröffnung Intensiv
Der Vorstoß c7-c5 im Dreibauernsystem der Pirc-Verteidigung

Mit den Zügen 1.e2-e4 d7-d6 2.d2-d4 Sg8-f6 3.Sb1-c3 g7-g6 beginnt die Pirc-Verteidigung. Die häufigste Fortsetzung ist nun das Dreibauernsystem mit dem Zug 4.f2-f4. Nach der planmäßigen Folge 4… Lf8-g7 5.Sg1-f3 steht Schwarz vor einer reichhaltigen Auswahl spielbarer Züge. Wir betrachten zunächst die klassische Hauptvariante, bevor wir uns unserem eigentlichen Thema zuwenden.
Hauptvariante des Dreibauernsystems
In allen Varianten des Dreibauernsystems kommt es zu einer sehr frühen Mobilisierung der Kräfte. Vor allem Weiß geht sehr schnell in einen Königsangriff über. Dabei nutzt er gerne die halboffenen Linien am Königsflügel (e- bzw. f-Linie) und oft wird auch die Dame schnell zum Kampfplatz überführt – z. B. mittels Dd1-e1-h4.
Doch die schwarze Stellung ist stabil und lässt sich nicht im Handstreich erstürmen. Viele gute Ideen sind nötig, um erfolgreich anzugreifen. Der Verteidiger kann sich dann keine Unachtsamkeit leisten.

Die Stellungen, die heute im Blickpunkt stehen sollen, entwickeln sich prinzipiell anders. Noch bevor beide Seiten rochiert haben, startet Schwarz mit 5… c7-c5 einen Gegenangriff im Zentrum. Ein scharfes Gemetzel ist zu erwarten.
Weiß hat drei Möglichkeiten auf diese Herausforderung zu reagieren:

In der Praxis kommen der Abtausch und das Läuferschach etwa gleich häufig vor. Der Bauernvorstoß wird deutlich seltener gespielt, verspricht aber natürlich besonders interessante Partien.


Der Abtausch auf c5

Wenn Weiß den Bauern c5 sofort schlägt, tauscht Schwarz natürlich nicht mit dem d-Bauern zurück, sondern überführt die Dame nach a5 und nimmt dann mit dieser. Wir werden gleich sehen, dass Weiß dem nicht ausweichen kann.
Die Entwicklung der Partie nach 6.d4:c5
Ohne allzu große Aufregungen haben beide Spieler ihre Kräfte mobilisiert.


Varianten nach 6.Lf1-b5+

Wesentlich schärfer entwickelt sich die Lage nach dem Läuferschach auf b5. Weiß nutzt den Umstand aus, dass sich der schwarze König noch im Zentrum befindet und entwickelt eine weitere Figur mit Tempo.
Nach den Zügen 6.Lf1-b5+ Lc8-d7 7.e4-e5 Sf6-g4 verzweigt das Spiel in zwei sehr unterschiedliche, aber grundsätzlich bedeutsame Varianten:

Weiß tauscht auf d7 sofort die Läufer

Diese solide Fortsetzung wird (nur) zu etwa einem Drittel der Partien angewendet. Die Verlockung des Vorstoßes e5-e6 ist wohl einfach zu groß. Die Statistik zeigt aber, dass die weißen Erfolgsaussichten hier etwas besser sind, als bei der riskanten Angriffsfortsetzung.
Die ruhige Fortsetzung mit Abtausch auf d7

Weiß setzt den Vorstoß im Zentrum mit e5-e6 fort

In diesem Falle entwickeln sich die Dinge wesentlich turbulenter. Es ist sicher eine Frage des persönlichen Stils, ob man in solch früher Partiephase einen riskanten Angriff einleiten will – interessant ist es allemal. Es kann kein Zufall sein, dass dieser Zug wesentlich häufiger gespielt wird als alle anderen Fortsetzungen zusammen. Fast zwei Drittel der Weißspieler können ihm nicht widerstehen.

Sehen wir zunächst eine unterhaltsame Nebenvariante:
Ein Damenopfer führt zum Dauerschach
Das ist selbst im Großmeisterschach durchaus hin und wieder zu sehen.

Noch nun zurück zur seriöseren Hauptfortsetzung:
Hauptfortsetzung nach e5-e6
Die Statistiken sprechen von deutlichem Vorteil für Weiß. In der Praxis ist diese Variante also immer einen Versuch wert.


Weiß spielt bereits im 6. Zug e4-e5

Im Vergleich zu den bisher betrachteten Hauptvarianten 6.d4:c5 und 6.Lf1-b5+ ist diese Fortsetzung selten. Sie führt aber auch zu sehr interessanten Partien und sollte nicht aus den Augen verloren werden.
Der Bauernvorstoß 6.e4-e5




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Thomas Binder, 2005