Schottisch für Einsteiger

Bild Die Schottische Eröffnung gehört zu den Offenen Spielen. Beide Spieler eröffnen also mit dem Doppelzug des Königsbauern. Dann stellt aber Weiß die Reihenfolge seiner Entwicklungszüge etwas um und besetzt das Zentrum früh mit einem zweiten Bauern. Ich habe oft erlebt, dass junge Schachspieler durch diese Abwandlung vom gewohnten Muster aus der Bahn geworfen wurden und keine passende Antwort fanden.

Ihren Namen verdankt diese altehrwürdige Eröffnung einem Turnier zwischen London und Edinburgh im Jahre 1824. Damals waren es allerdings zunächst die Engländer, die diese Zugfolge ins Gespräch brachten. Doch die Schotten übernahmen die Idee und waren damit erfolgreich. So erhielt die Variante ihren Namen.

Nach den Standard-Eröffnungszügen 1.e2-e4 e7-e5 2.Sg1-f3 Sb8-c6 entwickelt Weiß nicht sofort seinen Läufer, sondern besetzt mit einem zweiten Bauern das Zentrum: 3.d2-d4. Dies ist der charakteristische Zug für die Schottische Partie. Schwarz schlägt diesen Bauern: 3…e5xd4. Nun steht Weiß vor der Wahl. Verzichtet er auf das sofortige Rückschlagen, landen wir im Schottischen Gambit. Wird auf d4 geschlagen (4.Sf3xd4), sind wir in der eigentlichen Schottischen Partie.

Die Hauptvarianten der Schottischen Partie

Zunächst also zur Schottischen Partie. Weiß hat auf d4 mit dem Springer zurück geschlagen. (siehe Diagramm)
Weiteres Abtauschen auf d4 überlässt nun Weiß das Zentrum völlig. Deshalb ist es für Schwarz viel wichtiger, seine eigenen Figuren zu entwickeln. Als wichtigste Züge kommen dazu Lf8-c5 und Sg8-f6 in Frage.

Schwarz entwickelt zuerst den Läufer

Nach Lf8-c5 liegt es wieder bei Weiß, den Weg der Partie zu bestimmen. Unter den wichtigen Antworten untersuchen wir 5.Lc1-e3 und 5.Sd4-b3.
Weiß spielt 5.Lc1-e3 und danach c2-c3
Was nehmen wir aus diesem Beispiel mit? Es gelten die gleichen Eröffnungsprinzipien wie immer:

Abseits dieser altbekannten Grundlagen gab es aber einige typische taktische Wendungen, die einen unvorbereiten Spieler überraschen können und die man daher unbedingt einmal gesehen haben sollte.

Eine Alternative im 6. Zug ist der Blumenfeld-Angriff. Er ist nach dem russischen Schachmeister Benjamin Blumenfeld (1884 – 1947) benannt. Angst muss man freilich auch vor diesem Angriff nicht haben.
Der Blumenfeld-Angriff

Nun zu dem Zug 5.Sd4-b3: Weiß attackiert sofort den gegnerischen Läufer. Wir beschränken uns auf die wichtigste Zugfolge und deuten die weiteren Möglichkeiten nur an.
Weiß greift sofort den Läufer an

Schwarz entwickelt zuerst den Springer

Nach 4… Sg8-f6 stehen Weiß zwei wesentliche Erwiderungen zu Gebote

Der frühzeitige Damenausfall nach h4

Aus den romantischen Zeiten des Schachs stammt die Variante mit 4… Dd8-h4. Sehr früh kann es zu scharfen Verwicklungen kommen, die wir hier nicht bis ins letzte Detail analysieren wollen. Schwarz stehen ja die oben gezeigten soliden Entwicklungszüge zur Verfügung. Weiß indes muss auch auf den Damenausfall gefasst sein. Die Datenbanken zeigen allerdings, dass er nur in etwa 5% der Partien gespielt wird.
Der frühe Damenausfall

Das Schottische Gambit

Verzichtet Weiß im 4. Zug auf das Schlagen des Bauern d4, so lässt er sich auf eine Gambitfortsetzung ein. Für den geopferten Bauern strebt er nach schnellerer Entwicklung und Angriffschancen. Es gibt zwei unterschiedliche Wege, hier nach einem Gambit Ausschau zu halten.

Schottisches Gambit mit 4.Lc4

Nach dem Zug 4.Lf1-c4 wird Schwarz entweder seinen Königsläufer entwickeln oder mit Sg8-f6 in Varianten überleiten, die uns bereits bekannt sind. Weiß erlangt Angriff und Initiative für den geopferten Bauern.
Schottisches Gambit mit 4.Lc4

4.c3 – das Göring-Gambit

Die Fortsetzung 4.c2-c3 trägt ihren Namen nach dem deutschen Carl Göring (1841 – 1879). Wir wollen uns hier auf die Fälle beschränken, in denen Schwarz den Bauern auf c3 schlägt. Danach kann noch einmal Weiß dem Spiel seinen Stempel aufdrücken. Er hat zwei etwa gleich wichtige Varianten.
Das Göring-Gambit mit 5.Sxc3
Das Göring-Gambit mit 5.Lc4

Abschließend sei auf eine Zugfolge verwiesen, die in der Turnierpraxis immer wieder vorkommt. Vom überraschenden Angriff geblendet, haben hier ganz viele Schwarzspieler schon nach sechs Zügen aufgegeben, was keinesfalls notwendig war.
Ein Bluff, der oft zum Erfolg führt

Fazit

Wir haben zwei Eröffnungssysteme gesehen, in denen sich faszinierende Stellungen ergeben können. Gegenüber anderen Königsbauern-Eröffnungen sind sie durch eine noch schnellere Öffnung des Zentrums und die sich daraus ergebenden Angriffsmöglichkeiten auf beiden Flügeln gekennzeichnet.
Es gelten die gleichen Prinzipien wie zu Beginn jeder Partie: Entwicklung und Königssicherheit stehen ganz oben. Wenn trotzdem manchem Spieler die Partien gegen Schottisch so total misslingen, hat er sich meist überraschen und überrumpeln lassen. Ein kühler Kopf und ein wenig Grundwissen helfen dagegen.




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Thomas Binder, 2015