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"Neun Spieler vertraten das Haus Herderschach und den Partnerverein aus Siemensstadt im diesjährigen Winterturnier. Vier anstrengende Ferientage
widmeten sie ihrem schönsten Hobby." Mit diesen Worten begann unser Bericht vom Jugend-Winterturnier 2024, und wir können ihn heute bis zu dieser
Stelle wortgetreu wiederholen. Folgte dann vor einem Jahr eine durchwachsene, teils ernüchternde Bilanz, so ist diesmal ein rundum positives Fazit zu ziehen.
Wohl noch nie sind unsere Spieler bei einem Turnier dieses Levels so kompakt aufgetreten und haben die Erwartungen erfüllt, meist gar übererfüllt.
Alle unsere Spieler erreichten mindestens 50% der möglichen Punkte. Die DWZ-Bilanzen sind meist deutlich positiv, dort wo ein Minuszeichen steht, ist
die Zahl dahinter sehr klein.
Auffällig ist die recht hohe Remisquote unserer Spieler. Ein Drittel unserer Partien endete mit Punkteteilungen. Sicher steckt dahinter hier eine vergebene Chance, dort eine glückliche Wendung aus verlorener Position. Insgesamt ist aber eine hohe Remisquote ein Indiz für erwachsenes Schach.
Mark und Maxim spielten über das gesamte Turnier in der Spitzengruppe mit, kommen am Ende in die Top-Ten. In Runde 4 trafen sie aufeinander (siehe Foto), und Maxim setzte sich in dieser Partie durch. Damit war er nach zwei Tagen einer von zwei Spitzenreitern. Am dritten Tag ging es für Maxim dann gegen die Nummern 1 und 3 der Setzliste. Auch gegen den Turniersieger ergab sich die Chance auf einen Figurengewinn, die jedoch ungenutzt blieb. Nach den beiden Niederlagen dieses Tages geriet er in der Schlussrunde nach überlegen geführter Partie noch in ein Dauerschach. Mark gab neben der Niederlage gegen Maxim zunächst nur einen halben Punkt ab. Damit hatte er vor der letzten Partie noch kleine Hoffnungen auf einen Medaillenplatz. Der dadurch motivierte stürmische Angriff führte allerdings nicht zum Erfolg.
Lange blieb auch Viktor (im Bild hinten) auf Tuchfühlung zu den vorderen Plätzen. Er war bis zur letzten Runde ungeschlagen. In fast jeder Partie opferte er "auf Chance" einen Bauern.
Kurioserweise mündete das meistens ins Remis. Gleich viermal teilte Viktor den Punkt – unser Remiskönig ist er damit noch lange nicht. Wenn man daraus Friedfertigkeit und
mangelnden Kampfgeist ableiten wollte, liegt man jedoch völlig falsch. Viktors Partien dauerten meist sehr lange, und manches Remis war dieser Kondition gedankt, als es die
jeweiligen Gegner nicht schafften, ihre Vorteile auszunutzen.
Ein insgesamt ordentliches Turnier gelang Peter (rechtes Bild ohne Mütze). In den ersten vier Runden sahen wir bei ihm das übliche Auf und Ab aus starken, gewonnenen und weniger gelungenen Verlustpartien.
In Runde 5 und 6 gab es dann Punkteteilungen, jeweils aus Turmendspielen mit Minusbauer. So bestätigte er einmal mehr die alte Regel von Tarrasch, dass Turmendspiele immer remis sind,
wobei man auch die erste Ableitung nach Binder kennen sollte… Sein letzter Gegner trat leider nicht an, doch auch so kann sich Peter über einen kleinen DWZ-Zuwachs freuen.
Bevor wir auf unsere jüngsten Spieler blicken, noch ein Abstecher zu Ansgar (im oberen linken Bild vorn) und Lio (Bild links). Beide gehen mit 50%-Ergebnissen aus dem Turnier. Die DWZ wird jeweils in etwa bestätigt. Bei Ansgar reiht sich das Winter-Turnier in die Reihe seiner unspektakulären Turnierstarts, bei denen er zuverlässig sein Leistungsvermögen aufs Brett bringt und sich gleichermaßen als phantasievoller Angreifer wie auch zäher Verteidiger erweist. Lio musste von vornherein ohne Runde 6 planen, in der ein unaufschiebbarer Termin eine Pause erforderte. So ergab sich ein Turnier, das eigentlich keinen Aufschluss über die gezeigte Leistung gibt. Die Siege fielen sehr leicht, zwei Niederlagen gegen Top-Spieler sind verzeihlich. Einzig in der Schlussrunde fand er gegen einen sehr jungen Gegner keine Einstellung. Dieses Problem hat aber nicht Lio allein. Die für Jugendturniere ungewöhnlich große Altersdifferenz (von 25 bis zu unter 10 Jahren) ist für manch älteren Spieler eine psychologische Barriere, auf die man sich erst einstellen muss.
Damit wären wir endlich bei unseren Jüngsten. Alle drei u12- bzw. u14-Spieler haben ein starke Bilanz aufzuweisen. Ferris und Timur gewinnen dreistellig DWZ hinzu. Bjarne spielte eine Turnierleistung über 1300. Seine Erst-DWZ wird etwas niedriger sein, weil ein paar verlorene "Restpartien" auszugleichen waren. Schachlich haben alle drei sehr überzeugt.
Ferris (Bild rechts in typischer Denkhaltung) wird mit 5 Punkteteilungen
Remiskönig des Turniers. Da seine einzige Gewinnpartie durch einen Dameneinsteller zustande kam, konstatierte Ferris nicht ganz zu Unrecht, dass er im ganzen Turnier
keinen Gewinnzug gemacht habe. Jetzt sollten wir mal überlegen, wie es zu den vielen Unentschieden kommt. Ist da ein wenig Angst vor einer Niederlage im Spiel?
Dass Timur (oberes rechtes Bild mit Mütze) in der oberen Hälfte des Feldes landet, hatten wir nach zwei Niederlagen zum Auftakt nicht erwartet. Die Enttäuschung des ersten Abends verflog aber mit den stark und in langen
Partien herausgespielten Gewinnpartien des Sonntags. Dann folgten zwei Remisen aus der Position der Stärke und zum Abschluss ein Sieg. Bezüglich Kondition und Konzentration war das Turnier ein
großer Schritt nach vorn für Timur.
Von Beginn an besser lief es für Bjarne (Bild links auch in typischer Denkhaltung). Gegen deutlich höher eingeschätzte Gegner spielte er hervorragend mit, nutzte seine Chancen konsequent. Gegen einen 1100er wirkte Bjarnes
Spielstärke schon "wie ein Klassenunterschied" (Zitat von AG-Trainer Kai Tonke), und deutlicher kann man wohl nicht beschreiben, wo Bjarne jetzt steht und wohin es gehen wird, wenn
er diese Qualitäten stabilisiert.
Bericht und Fotos: Thomas Binder